TOSCA.bio

TOSCA.bio / EN

Written by Rachel almeida

For Richard Dorfmeister and Rupert Huber, the idea of rebirth is a creative driving force – an artistic device which not only informs their work, but anchors it. As the avant-garde electronic group Tosca, the two artists have lived many musical lives, from their early electronic experiments with tape decks to the blissed-out dub compositions with which they have made their name. Their latest project, OSAM, takes this idea of renewal even further. A meditative journey through rhythm and texture, the album represents a new chapter for the Austrian duo. It’s as much an instrument for change as it is a source of inspiration. ‘Osam’ is a direct translation of the number eight in Serbian, but it is also acts as the mediaeval symbol for a fresh start – a renaissance.

Tosca have been shapeshifting since their official inception in the early 90s, but their story goes back to their childhood in Vienna. Dorfmeister and Huber first met in school and explored their creative impulses alongside each other, initially infusing traditional Indian music, drum machines and spoken word poetry together under the name Dehli9. “In the little town we went to school, we were – at least in our eyes – the only two “normal” people trying to make decent music, so we felt a bit like [it was] us against them,” explains Huber of their artistic beginnings. This attitude invigorated them to create music that was not only liberating, but truly a reflection of their lives. Take their 1994 debut single, Chocolate Elvis; a choppy, sample-heavy roller that captured trip hop’s hold on the zeitgeist at the time. A string of critically acclaimed albums and remix collections followed, including 2000 full-length Suzuki and 2005’s JAC – all of which are now considered landmarks in the downtempo world.

This fluid, genre-agnostic approach is Tosca’s way of reawakening themselves as artists, and weaving in an element of unpredictability into their music. OSAM is just another extension of this practice, this time taken to new conceptual heights. “My interest in spatial music developed in my late teenage years. I love creating music for “real spaces”, like public or semi-public spaces, where anyone is able to hear it. This is a very different way of experiencing music than the lonely listener with the headphones. It is part of a city, a landscape, a building. When music becomes architectural, that is very precious to me,” says Huber.

Indeed, this architectural quality is present in the pointillist landscapes of OSAM. Opener NOBODY CARES builds momentum slowly, like an act

of construction, as glacial synth pads are layered under airy guitar lines and skittering hi-hats. SHOUT SISTER draws from the dub jazz and loungey electronica influences of their earlier output, but elevated by a distinctly modern bent. The album’s title track, with its darker ambience, is carried by a modulating drone that eventually breaks through the sheet of tension with buoyant trumpet pulses and stony vocal samples. It’s undoubtedly a step up for the duo; where their catalogue has always been underpinned by a marked melancholia, OSAM winkingly plays with the push-and-pull between optimism and resignation, and it’s reflected in the complexity of the production. “There is always a strong connection to the “outside” or “real” world in our music. There is a special groove…” Huber says of OSAM’s writing process. Dorfmeister shares this perspective, adding: “We are where we always wanted to be; instrumental-based but with more vocals and an updated sound. It has been a long way getting here but finally we made it.”

It’s through this transformative lens that OSAM was not only created but executed. Dorfmeister and Huber’s creative vision has long been defined by reinvention, and their latest album is no exception – from the very title of the record to its rousingly eclectic sound design. Huber himself puts it best: “Our albums describe a certain time period of our lives – there is no better way to do that.”

TOSCA.bio / DE

Für Richard Dorfmeister und Rupert Huber stellt der Gedanke der Wiedergeburt eine zentrale kreative Antriebskraft dar, die ihre Musik durchdringt und zutiefst prägt. Als das avantgardistische und in der elektronischen Musik verankerte Duo Tosca haben die beiden Künstler in ihrer fortwährenden Karriere bereits verschiedenste Etappen durchlebt – sie experimentierten schon früh mit Kassettendecks herum und erarbeiteten sich seit den 1990ern mit ihren toscaesken Dub-Kompositionen einen eigenen Namen. Ihr neuestes Werk „OSAM” greift jene Idee der Wiedergeburt auf und erkundet neue Ufer. Das Album ist eine meditative Reise durch Rhythmus und Textur und verkörpert ein neues Kapitel für das österreichische Duo. Mit ihm meistern sie einen kreativen Spagat, denn OSAM verkörpert beides: es ist ein Instrument zum Wandel – und somit zukunftsgewandt – sowie zugleich eine Inspirationsquelle, die sich an Vergangenem bedient. „Osam”, aus dem Serbischen direkt übersetzbar als die Nummer Acht, steht zur selben Zeit auch für das mittelalterliche Symbol des Neustarts – der Renaissance. Dieses ist ihr neuntes Studioalbum, allerdings – ebenfalls toscaesk – dachte das Duo in der Konzeptionsphase, dass es ihr achtes sei.

Seit ihrer Entstehung in den frühen Neunzigerjahren hat Tosca verschiedene Formen und Gestalten angenommen, ihren Ursprung hat die Geschichte von Dorfmeister und Huber jedoch in ihrer Kindheit in Wien. Sie trafen erstmals in der Schule aufeinander und erkundeten schon im jungen Alter ihre kreativen Impulse miteinander. So brachten sie unter dem Alias Dehli9 zunächst traditionelle indische Musik, Drumcomputer und gesprochene Poesie zusammen. „In dem kleinen Ort in dem wir zur Schule gingen, waren wir – zumindest in unseren Augen – die einzigen zwei ‘normalen’ Menschen, die versuchten anständige Musik zu machen; also fühlten wir uns ein bisschen wie ‘wir gegen die‘“, beschreibt Huber ihre künstlerischen Anfänge. Diese Einstellung bekräftigte sie Musik zu kreieren, die nicht nur befreiend, sondern gleichzeitig eine Spiegelung ihrer tatsächlichen Leben war. Nimmt man beispielsweise ihre 1994 erschienene Debütsingle „Chocolate Elvis”, so begegnet man einer sample-lastigen und den rollenden Beat betonenden Platte, die den Einfluss von Trip-Hop auf den Zeitgeist dieser Zeit einfing. Darauf folgte eine Reihe hochgelobter Alben und Remix-Sammlungen, inklusive dem im Jahre 2000 erschienenen „Suzuki” sowie dem 2005 veröffentlichten „JAC”, die allesamt mittlerweile innerhalb des Downtempo-Gefildes als Meilensteine angesehen werden.

Diese fluide, Genre-übergreifende Herangehensweise ist Toscas Art, das eigene, künstlerische Wiedererwachen herbeizuführen und sich gleichzeitig einen gewissen künstlerischen Spielraum offen zu halten, der ihre Musik unvorhersehbar macht. OSAM ist eine Erweiterung dieser Praxis, die diesmal jedoch neue konzeptuelle Höhepunkte erreicht. „Mein Interesse in räumliche Musik entwickelte sich in meiner späten Jugend.

Ich liebe es Musik für ,echte Räume’, wie zum Beispiel öffentliche oder halböffentliche Räume zu kreieren, wo jeder Mensch in der Lage ist sie zu hören. Denn diese ist eine gänzlich andere Art Musik zu erleben, als beispielsweise einsam über Kopfhörer Musik zu hören. Sie wird zu einem Teil einer Stadt, einer Landschaft, eines Gebäudes. Wenn Musik eine architektonische Dimension bekommt, ist sie besonders wertvoll für mich”, erläutert Huber.

Und tatsächlich, diese architektonische Qualität ist in den pointillistischen Landschaften OSAMs präsent. Die Eröffnung durch NOBODY CARES baut das Momentum langsam auf und ähnelt dabei dem Geduld bedürftigen Akt des Errichtens. Friedliche und sanfte Synthie-Klanglandschaften, die an einen Frühlingstraum erinnern, werden mit lebhaften Gitarrenspuren und glänzenden perkussiven Elementen gepaart. SHOUT SISTER schöpft aus den dubbig-jazzigen Electronica-Einflüssen ihrer vorherigen Werke, verpasst diesen jedoch einen erfrischenden, modernen Dreh. Der den Titel des Albums tragende Track ist durch düstere und sich stetig modulierende, lebendige Soundscapes geprägt, die ihm sein Grundgerüst verleihen, welches wiederum durch aufflackernde, leicht dissonante Trompetennoten und umherschwirrende Vocal-Samples durchdrungen wird. Toscas Einsatz von Vocals erinnert an ihre früheren Platten, wo Sprache ebenfalls als stilistisches Element eingebaut wurde ohne dem lyrischen Inhalt jedoch zu viel Bedeutung beizumessen. Die bedeutende Ausnahme stellt an dieser Stelle DEMENTAMENTE dar; ein Stück in dem Toscas langjährige Freundin und Kollaborateurin Anna Clementi mit intimen Vocals zur Seite steht. Zweifelsohne handelt es sich bei diesem Album um einen vorwärtsgewandten Schritt des Duos. Während ihr Katalog stets von einer ausgeprägten Melancholie geprägt ist, spielt OSAM mit der Anziehungskraft zwischen Optimismus und Resignation – ein Balanceakt, der sich auch in der Komplexität der Produktion widerspiegelt. „In unserer Musik besteht immer eine enge Verbindung zur “realen” Außenwelt. Da ist einfach ein spezieller Groove…”, beschreibt Huber den Schreibprozess des Albums. Dorfmeister teilt diese Ansicht und fügt hinzu: „Wir befinden uns an einem Punkt an dem wir immer sein wollten; instrumentalbasiert aber mit mehr Vocals und einem frischen, erneuerten Sound. Es war ein langer Weg bis hierhin, aber wir haben es endlich geschafft.”

Es ist geradezu diese transformative Sicht- und Herangehensweise durch die OSAM nicht nur konzipiert, sondern auch ausgeführt wurde und die aufzeigt, dass der Stillstand für Tosca schlichtweg keine Alternative ist. Dorfmeisters und Hubers kreative Vision ist über lange Zeit hinweg durch Neuerfindung definiert gewesen; ihr neuestes Album ist dabei keine Ausnahme, vom Titel bis hin zum mitreißend eklektischen Sounddesign. Huber höchstpersönlich bringt es auf den Punkt: „Unsere Alben beschreiben, jedes für sich, einen bestimmten Abschnitt unserer Leben – es gibt keinen besseren Weg dies zu tun.”